Denken

Bequem und auf Belohnungen aus, plastisch und kaum kopierbar, ausgestattet mit einer Werkseinstellung aus der Steinzeit: Das Gehirn ist das sonderbarste und komplexeste Organ, das wir haben. Es macht uns zu Menschen, entwickelt eine beeindruckende Intelligenz, tappt immer wieder in die gleichen Fallen. Machen Sie den Selbsttest!

André Boße
Lesedauer: 1 Minuten

Entscheiden Sie spontan:

Welchen der beiden hier beschriebenen Schüler schätzen Sie als kompetenter ein?

SCHÜLER A:

Intelligent – fleißig – impulsiv – kritisch – dickköpfig – missgünstig.

Studien zeigen, dass die allermeisten Menschen Schüler A als kompetenter einschätzen. Zwar sind die Attribute bei beiden Schülern jeweils gleich, doch ist die Reihenfolge eine andere. Bei Schüler A werden die positiven zuerst genannt, das Gehirn bildet sich ein Urteil, die restlichen Begriffe verschwimmen. Psychologe Solomon Asch hat diesen Denkfehler Order Effect genannt. Man könnte auch sagen: Dem Gehirn reichen ein, zwei Impulse, um sich ein Urteil zu bilden. Dann gewinnt die Bequemlichkeit. Sie möchten Ihr Gehirn weiter trainieren?

SCHÜLER B:

Missgünstig – dickköpfig – kritisch – impulsiv – fleißig – intelligent.

Sie sind einer der wenigen Menschen, die Schüler B als kompetenter einschätzen. Es gibt aber keinen Unterschied zwischen A und B. Die Attribute sind bei beiden Schülern jeweils gleich, doch ist die Reihenfolge eine andere. Die allermeisten Menschen schätzen Schüler A als kompetenter ein, weil hier die positiven Eigenschaften zuerst genannt werden, das Gehirn bildet sich ein Urteil, die restlichen Begriffe verschwimmen. Psychologe Solomon Asch hat diesen Denkfehler Order Effect genannt. Man könnte auch sagen: Dem Gehirn reichen ein, zwei Impulse, um sich ein Urteil zu bilden. Dann gewinnt die Bequemlichkeit. Sie möchten Ihr Gehirn weiter trainieren?

Berechnen Sie folgende Aufgabe:

Ein Schläger und ein Ball kosten 1,10 Dollar. Der Schläger kostet einen Dollar mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball?*

10 Cent

Beim Lösen dieser Aufgabe steht Ihr Gehirn sinnbildlich auf der Schwelle zwischen den zwei Denksystemen. System 1 übernimmt und gibt vor: „Der Ball kostet 10 Cent.“ Das ist die intuitive Antwort, die von den meisten Menschen gegeben wird. Richtig ist dagegen die Antwort, die System 2 mit etwas mehr Mühe errechnet: Der Ball kostet 5 Cent. Würde der Ball 10 Cent kosten, dann würde allein der Schläger 1,10 Dollar kosten, da der Schläger laut Aufgabenstellung einen Dollar mehr kostet als der Ball. Der Lösungsweg: Zuerst zieht man von den 1,10 Dollar 1 Dollar Aufpreis ab – es bleiben 10 Cent übrig. Da aber der Schläger genau 1 Dollar mehr kostet als der Ball, teilt man die 10 Cent auf den Ball und den Schläger auf. Das ergibt jeweils 5 Cent für beide: Ball und Schläger. Der Schläger kostet also 1,05 Dollar und der Ball 0,05 Dollar. Zusammen ergibt das 1,10 Dollar! 

5 Cent

Glückwunsch! Ihr Denksystem 2 ist in Topform! Sie sind einer der wenigen Menschen, die hier spontan richtig antworten.

Wie viele Tiere von jeder Art nahm Moses mit auf die Arche?*

Zwei

Sie haben sich von Ihrem Denksystem 1 überrumpeln lassen, dass auf die Frage schnell antwortet: zwei. Es war aber nicht Moses, sondern Noah, der die Arche baute. Für Menschen christlichen oder jüdischen Glaubens sind sowohl Noah als auch Moses bekannte Figuren, weshalb System 1 nicht über die Verwechslung stolpert. 

Vier

Sie haben sich von Ihrem Denksystem 1 überrumpeln lassen und sind nicht sehr bibelfest! Es war nämlich nicht Moses, sondern Noah, der die Arche baute – und zwei Tiere von jeder Art mitnahm. 

Keines

Glückwunsch! Ihr Denksystem 2 reagiert schnell! Sie haben wahrscheinlich erkannt, dass es Noah war, nicht Moses, der die Arche baute.

Im Jahr 1980 lebten etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung in extremer Armut, also von weniger als zwei Dollar pro Tag. Wie hoch ist der Anteil heute?**

10 Prozent

Das ist korrekt. Nur acht Prozent der Befragten beantworten diese Frage richtig. Respekt!

30 Prozent

Das ist nicht korrekt. Etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung leben heute in extremer Armut. In den letzten 40 Jahren ist diese Quote schneller gesunken als je zuvor, aber nur wenige haben das bemerkt: 92 Prozent der Befragten beantworten diese Frage falsch. Wahrscheinlich, weil zugleich die globale Ungleichheit zugenommen hat, also die Schere zwischen Arm und Reich weltweit weiter aufgegangen ist. Aber warum schätzen wir so viele Entwicklungen negativer ein, als diese tatsächlich sind? Lesen Sie mehr dazu in unserem Magazin.

50 Prozent

Das ist nicht korrekt. Etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung leben heute in extremer Armut. In den letzten 40 Jahren ist diese Quote schneller gesunken als je zuvor, aber nur wenige haben das bemerkt: 92 Prozent der Befragten beantworten diese Frage falsch. Wahrscheinlich, weil zugleich die globale Ungleichheit zugenommen hat, also die Schere zwischen Arm und Reich weltweit weiter aufgegangen ist. Aber warum schätzen wir so viele Entwicklungen negativer ein, als diese tatsächlich sind? Lesen Sie mehr dazu in unserem Magazin.

Warum denken wir, wie wir denken – und wie können wir Fehler vermeiden? Den vollständigen Artikel zum Quiz finden Sie im Magazin. 

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* Zit. aus: Daniel Kahnemann: Schnelles Denken, langsames Denken
** Zit. aus: Gapminder Test 2018