Reportage
Die Wasserchecker

Sie sind fleißig und arbeiten, nur für Kost und Logis, sieben Tage rund um die Uhr: Daphnien. Die kleinen Krebstiere prüfen bei den Stadtwerken Konstanz zuverlässig die Qualität des Trinkwassers am Bodensee – und sollen vor Schadstoffen und Giften warnen.

Sylvia Rizvi
Lesedauer: 2 Minuten

Wasserort Konstanz
S

Seine Bedeutung für Baden-Württemberg ist enorm: Der Bodensee liefert Trinkwasser für rund vier Millionen Menschen – auf der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald, am Neckar und in den nördlichen Teilen Baden-Württembergs. Das muss man wissen, um die Gefahr zu ermessen, die beispielsweise ein Anschlag auf die Bodensee-Trinkwasserversorgung bedeuten würde. Ein Anschlag, wie er sich im Jahr 2005 ereignete.

In der Nähe einer Trinkwasserentnahmestelle versenkte damals ein Unbekannter mehrere Kanister mit Pflanzengift. Die Verantwortlichen erfuhren davon nur, weil der Erpresser per Brief Forderungen stellte. Zum Glück lagen die Verunreinigungen unter den zulässigen Grenzwerten, die Bevölkerung war nicht gefährdet. Der Täter wurde nie gefasst.

Um das Frühwarnsystem zu optimieren, suchten die Stadtwerke Konstanz, die Trinkwasser an Konstanz, Mainau und die Insel Reichenau liefern, nach den besten Experten – und fanden: Daphnien. Landläufig werden die ein bis zwei Millimeter kleinen Winzlinge Wasserflöhe genannt. Der Arbeitsplatz der Krebstiere befindet sich in einem so genannten Toximeter. Das Gerät ist das ganze Jahr in Betrieb und wird von Bodenseewasser durchströmt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke züchten die Daphnien selbst. Jede Woche setzen sie je zehn davon in die zwei Messkammern des Apparats. Dort bemerken die hochsensiblen Tierchen Veränderungen schneller als jede Technik.

Seine Bedeutung für Baden-Württemberg ist enorm: Der Bodensee liefert Trinkwasser für rund vier Millionen Menschen – auf der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald, am Neckar und in den nördlichen Teilen Baden-Württembergs. Das muss man wissen, um die Gefahr zu ermessen, die beispielsweise ein Anschlag auf die Bodensee-Trinkwasserversorgung bedeuten würde. Ein Anschlag, wie er sich im Jahr 2005 ereignete.

In der Nähe einer Trinkwasserentnahmestelle versenkte damals ein Unbekannter mehrere Kanister mit Pflanzengift. Die Verantwortlichen erfuhren davon nur, weil der Erpresser per Brief Forderungen stellte. Zum Glück lagen die Verunreinigungen unter den zulässigen Grenzwerten, die Bevölkerung war nicht gefährdet. Der Täter wurde nie gefasst.

Um das Frühwarnsystem zu optimieren, suchten die Stadtwerke Konstanz, die Trinkwasser an Konstanz, Mainau und die Insel Reichenau liefern, nach den besten Experten – und fanden: Daphnien. Landläufig werden die ein bis zwei Millimeter kleinen Winzlinge Wasserflöhe genannt. Der Arbeitsplatz der Krebstiere befindet sich in einem so genannten Toximeter. Das Gerät ist das ganze Jahr in Betrieb und wird von Bodenseewasser durchströmt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke züchten die Daphnien selbst. Jede Woche setzen sie je zehn davon in die zwei Messkammern des Apparats. Dort bemerken die hochsensiblen Tierchen Veränderungen schneller als jede Technik.

Daphnien leben normalerweise in Seen, Teichen und langsam fließenden Gewässern. Rund 200 Arten der Krebstiere sind bekannt. Sie kommen auch in Wasserwerken anderer Bundesländer zum Einsatz. In Baden-Württemberg aber haben einzig die Stadtwerke Konstanz Wasserflöhe. Die Stadtwerke Konstanz, die nicht zur Bodensee-Trinkwasserversorgung gehören, bereiteten im Jahr 2022 rund 5,3 Millionen Kubikmeter Rohwasser auf. Das entspricht pro Tag rund 14.400.000 Litern oder etwa 96.000 Badewannen voll Wasser.

Der Tanz der Daphnien

Das Toximeter ermöglicht ein „Real Time Biomonitoring“, also das Beobachten der Organismen in Echtzeit. Auf dem Monitor erscheint der Tanz der Daphnien. Jeder Wasserfloh hat eine andere Farbe und zeichnet rote, grüne oder gelbe Spuren auf den schwarzen Bildschirm. „Wenn ein toxischer Stoff im Wasser ist, verändern die Daphnien ihr Schwimmverhalten“, erklärt Sebastian Daus, Leiter des Geschäftsbereichs Trinkwasser bei den Stadtwerken Konstanz. Ihr Tanz wird hektisch, zuckend. „Oder sie bewegen sich langsam bis gar nicht mehr, sinken zu Boden oder kauern still unten in der Ecke“, sagt Daus. Das Gerät löst einen Alarm aus.

Nachdem die menschlichen Kolleginnen und Kollegen geprüft haben, ob die Wasserflöhe nicht etwa wegen Futtermangels schwächeln, suchen sie die Ursache des auffälligen Verhaltens. Ist ein Schadstoff im Wasser? Gibt es zu wenig Sauerstoff? Hat sich der pH-Wert geändert? Umfangreiche Laboranalysen werden gemacht, andere Wasserwerke am Bodensee nach ihren Beobachtungen gefragt. „Bestätigt sich ein Verdacht, produzieren wir kein weiteres Trinkwasser mehr und stellen auf Notversorgung um“, erklärt Daus. Die Wasserflöhe arbeiten eine Woche lang – dann gehen sie in Rente. „Wir lassen sie in den Bodensee, in die Freiheit.“ Seit 2005 haben die Wasserflöhe noch nie einen Schadstoff gemeldet. „Ein gutes Zeichen für unsere Wasserqualität“, sagt Sebastian Daus.

Aus Wasser wird Trinkwasser

Solange die Wasserchecker kein Problem melden, kann das kostbare Seewasser zu Trinkwasser aufbereitet werden. „Wir entnehmen im Bodensee Wasser aus 40 Metern Tiefe, 700 Meter vom Ufer entfernt“, erklärt Daus. Das Rohwasser wird ins Wasserwerk Staad gepumpt, wo es seit bald 120 Jahren in drei Stufen aufbereitet wird. „In der ersten Stufe befreien wir es von den meisten Feststoffen, etwa von Plankton und den Larven der Quagga-Muschel, die aus dem Schwarzmeerraum eingeschleppt wurde“, erläutert Daus. „Die Muschel würde sonst unsere Leitungen verstopfen.“ In Stufe zwei wird das Wasser mit Ozon desinfiziert und oxidiert, um Viren und Bakterien unschädlich zu machen. Im dritten Schritt durchströmt es einen Mehrschichtfilter, der letzte Schwebestoffe zurückhält. Dann wird noch eine geringe Menge Chlordioxid hinzugefügt, damit nichts verkeimt. Am Ende entspricht das gereinigte Wasser der DIN-Norm 2000 und der Trinkwasserverordnung. Und es entspricht dem Motto der Stadtwerke: so viel Natur wie möglich, so viel Technik wie nötig.