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0 Euro: So viel kostet der Eintritt für The Walther Collection nahe Neu-Ulm, eine der bedeutendsten Fotokunstsammlungen der Welt, die den Namen von Artur Walther trägt. Der gebürtige Ulmer hat an der Wallstreet gearbeitet, bevor er sich international einen Namen als Mäzen, Sammler und Vermittler von Fotokunst gemacht hat. Ein Gespräch darüber, was es braucht, um Raritäten aufzuspüren und sein Geld sinnvoll in Fotografien anzulegen.

Sabina Paries
Lesedauer: 3 Minuten

Herr Walther, Sie haben sich Ihr Vermögen selbst erwirtschaftet. Wie würden Sie Ihren Bezug zu Geld beschreiben?

Für mich bedeutet Geld Unabhängigkeit und Sicherheit. Geld kann ein starker Antrieb sein, vor allem, wenn man es nicht hat. Geld verdient man, abhängig davon, wie viele Möglichkeiten man hat, aber eben auch abhängig davon, wie stark man sich anstrengt.

Sie haben sich angestrengt.

Ich habe als Schüler in den Sommerferien in einer Käse- und einer Schraubenfabrik gearbeitet und abends in der Molkerei meines Großvaters geholfen. Während des Studiums in Regensburg unterrichtete ich nebenher an einem privaten Gymnasium. Später habe ich 20 Jahre lang täglich 16 Stunden gearbeitet, sechs Tage die Woche. Als Investmentbanker haben Sie so viel verdient, dass Sie mit 46 aufhören konnten zu arbeiten.

Wie hat sich Ihre Beziehung zu Besitz verändert?

Als die Notwendigkeit des Gelderwerbs entfiel, ging es um den Nutzen von Geld. Also habe ich in den USA und in Deutschland je eine Stiftung gegründet. Ich unterstütze seither Museen, Kultureinrichtungen und Universitäten sowie Künstlerinnen und Künstler, deren Arbeit ich schätze.

Artur Walther, 1948 in Ulm geboren und in Burlafingen bei Neu-Ulm aufgewachsen, studierte Wirtschaftswissenschaften in Regensburg und an der Harvard Business School. An der Wallstreet arbeitete er als Investmentbanker. 2010 eröffnete The Walther Collection in Burlafingen. In New York hat die Sammlung einen Project Room. Vom Riesenhype der digitalen NFT-Kunst hält der Mäzen nicht viel: „Davon lasse ich die Finger.“ Walther wurde 2021 mit dem Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie ausgezeichnet.

Was ist der Fokus Ihrer Fotokunstsammlung?

Ich konzentriere mich auf Typologien, also auf serielle Arbeiten. Ich habe sehr frühe Typologien von Bernd und Hilla Becher. Oder August Sanders Antlitz der Zeit und eine Auswahl Auswahl von 60 Aufnahmen aus seinem Großprojekt Menschen des 20. Jahrhunderts. Als Meilenstein der Fotografie und Fotokunst ist diese Reihe heute sehr bedeutend. Und ich habe mich früh auf asiatische und afrikanische Fotografie konzentriert: Kunst, die bisher nicht erforscht, nicht beschrieben, nicht gezeigt wurde, publizieren wir und stellen  sie in den Räumen von The Walther Collection und im Rahmen internationaler Wanderausstellungen vor.

Die südafrikanische Künstlerin Nontsikelelo „Lolo“ Veleko erfasst durch ihre Kameralinse Graffitikünstlerinnen und -künstler, Street Styles und die Rolle der Mode bei der Identitätsfindung im heutigen Johannesburg.
Nontsikelelo („Lolo“) Veleko, Nonkululeko, Beauty is in the Eye of the Beholder, 2003
Thomas Ruff gilt als einer der weltweit bedeutendsten zeitgenössischen Fotokünstler. Hier ein Bild seiner Serie nüchterner Farbfotografien junger Deutscher, die Ruff als Student in den 1980er-Jahren machte.
Thomas Ruff, Untitled (B. Elmpt), Untitled Portraits, 1985

Wie gehen Sie beim Kauf neuer Werke vor?

Wenn ich neue Arbeiten erstehe, frage ich mich immer: Wie passt das Kunstprojekt, der Zyklus, dieser Künstler in meine Sammlung? Wie passt diese Künstlerin in ein bestimmtes Thema? Ist ihre Arbeit besser oder anders als das, was ich bereits habe? Ich will die Sammlung exponentiell erweitern, sie mit jedem neu angekauften Werk breiter und stärker machen.

Die Werke der großen Meister sind heute kaum mehr zu kaufen oder unerschwinglich. Wie pickt man bei der Masse an Fotokünstlerinnen und Fotokünstlern die interessanten heraus?

Schauen Sie auf die Gewinnerinnen und Gewinner von Nachwuchswettbewerben und auf das Programm renommierter Galerien. In jeder Epoche gibt es eine dünne Schicht an Kunstschaffenden, die das Potenzial haben, es dauerhaft nach oben zu schaffen. Auf diese sollte man sich konzentrieren, wenn es vorrangig darum geht, den Kauf von Fotografie als Wertanlage oder Grundstock einer Sammlung zu nutzen.

Sie sind bei Ihren Kunstexpeditionen weit herumgekommen. Was haben Sie auf Ihren Reisen gelernt?

Wie eurozentrisch wir einst waren! Viele Kunstschaffende, zum Beispiel in Afrika, haben nicht gemalt, sondern Skulpturen gemacht, was vom Rest der Welt überhaupt nicht beachtet wurde, bis Picasso das Thema aufgriff. Als Sammler war es für mich faszinierend, diese neuen Blickwinkel zu entdecken.

Haben Sie einen Tipp für unerfahrene Sammlerinnen und Sammler?

Nun, wenn Sie gerade erst mit einer Geld- oder Wertanlage beginnen, würde ich den Kunstmarkt nicht an erster Stelle empfehlen. Ohne Wissen und ohne Konzept einzusteigen, ist nicht sinnvoll. Wenn man das wirklich möchte, muss man sich intensiv einarbeiten, lernen, verstehen. Nur so bekommt man das entscheidende Gefühl für die passenden Bilder.

Also Ausstellungen besuchen, Bücher und Magazine wälzen und im Internet gezielt nach Fotoportfolios suchen?

Ja, aber man darf dabei nicht nur das Geld lieben, man muss die Kunst lieben!