300.000

300.000 Euro hat der 35 Jahre alte Stuttgarter Florian Wagner schon gespart. Er bezeichnet sich selbst als Frugalist. Statt 40 Jahre lang zu arbeiten, will er mit 40 Jahren finanziell frei sein. Dabei geht es ihm nicht nur um Geld, sondern auch darum, was wirklich glücklich macht.

Sabine Fischer
Lesedauer: 3 Minuten

Vor ein paar Jahren habe ich mir das Ziel gesetzt, genügend Geld zu sparen, um mit 40 in Rente gehen zu können. Gekündigt habe ich dann schon mit 31 – aus einem simplen Grund: Ich war unglücklich. Nach meinem Studium habe ich als Wirtschaftsingenieur in der Automobilbranche angefangen. Auf dem Papier ein echter Volltreffer: sicheres Einkommen, gute Aufstiegschancen. Doch mit der Zeit wurde mir bewusst, dass der Job mich nicht erfüllte. Mein Alltag bestand aus Besprechungen und PowerPoint-Präsentationen – und wenn ich nach Hause kam, wusste ich nicht mehr, ob ich am Tag überhaupt etwas Sinnvolles gemacht hatte.

Ich wollte raus aus dieser Situation und wünschte mir, finanziell so unabhängig zu sein, dass ich nicht mehr auf ein Angestellteneinkommen angewiesen wäre. Zu dieser Zeit bin ich auf die Frugalismus-Bewegung gestoßen und habe dort Menschen kennengelernt, die diese Unabhängigkeit leben – indem sie hinterfragen, was sie glücklich macht, und ihren Konsum daran anpassen. Frugalisten – die Bezeichnung kommt vom englischen Wort frugal = genügsam – wollen für sich das bestmögliche Leben schaffen. Dabei geht es nicht darum, einen bestimmten Betrag zu sparen, sondern darum, Geld effizient auszugeben und bewusst zu investieren. Damit ist Frugalismus für jeden Geldbeutel geeignet. 

Der Ansatz ist vielfältig: Manche Menschen ziehen in Tiny Houses, ich habe vor allem bei Alltagsausgaben gespart. Wichtig ist es, die eigenen Prioritäten zu kennen. Für mich ist Freiheit – neben Dingen wie sozialen Beziehungen und Gesundheit – eine wichtige Voraussetzung für Glück. Um mein Leben so zu gestalten, wie es mir Spaß macht, muss ich finanziell unabhängig sein. Also habe ich mich gefragt: Brauche ich den Coffee to go, den ich morgens auf dem Weg zur Arbeit im Halbschlaf kaufe, wirklich? Wenn wir annehmen, dass man 22 Tage im Monat arbeitet und ein Kaffee durchschnittlich drei Euro kostet, kann man im Jahr rund 1.000 Euro sparen, wenn man diese Ausgabe weglässt.

Erinnere ich mich eher an das Luxushotel auf Rhodos oder an die Bergwanderung mit meinen Freunden? Das Gemeinschaftserlebnis ist für mich viel wertvoller als Urlaub im Luxushotel – und kostengünstiger.

Mir geht es nicht um Verzicht. Aber ich möchte mein Geld für Dinge ausgeben, die meine Lebensfreude steigern, und prüfe bei jeder Ausgabe, ob sie mir die Investition wert ist. So habe ich es damals geschafft, rund 60 Prozent meines monatlichen Nettoeinkommens zu sparen. Das waren ungefähr 2.000 Euro, die ich in ETFs  im Aktiendepot investiert habe. Nach vier Jahren hatte ich 140.000 Euro gespart – ein Betrag, von dem ich sieben Jahre hätte leben können. Inzwischen sind daraus rund 300.000 Euro geworden. Früh in langfristige und risikoarme Finanzprodukte zu investieren, hilft Menschen in jeder Gehaltsklasse, finanziell unabhängig zu werden.

Florian Wagner

Frugalismus bedeutet für ihn lebenslanges Lernen: „Nicht nur, um Geld zu sparen, habe ich mein Handy selbst repariert und gelernt, wie man handwerkliche Tätigkeiten ausführt: Vor allem gewinne ich mehr Unabhängigkeit, Freude und neue Fähigkeiten, wenn ich außerhalb meiner Komfortzone bin“, sagt er. Wagner wurde 1987 in Balingen geboren und lebt in Stuttgart. Auf seinem Finanzblog Geldschnurrbart dokumentiert er seinen finanziellen Werdegang. Er veröffentlichte mehrere Bücher zum Thema, etwa Rente mit 40. Finanzielle Freiheit und Glück durch Frugalismus.

Heute verdiene ich mein Geld mit Dingen, die mir Spaß machen. Das ist auch ein guter Tipp: Wer effizient sparen möchte, sollte nach neuen Einnahmequellen suchen, zum Beispiel indem man mit seinem Hobby online aktiv wird und so zusätzlich Geld verdient. Das Ziel, mit 40 in Rente zu gehen, habe ich aber nicht mehr. Ich bin glücklich, wenn ich aktiv bleibe. Das Vermögen spielt für mich dabei eine strategische Rolle: Ich muss nicht zehn Millionen Euro auf dem Konto haben, mir reicht es, wenn der Puffer so groß ist, dass ich für einige Jahre unabhängig sein könnte. Aktiv über mein Lebenskonzept nachzudenken, hat mich vorangebracht. Daher empfehle ich jeder und jedem, selbst herauszufinden, was sie oder er für ein glückliches Leben braucht.

Tipps von Florian Wagner für den Einstieg in den Frugalismus:

  1. Beantworte dir die Frage: Wie sähe dein Alltag aus, wenn du nicht mehr für Geld arbeiten müsstest: Was würdest du dann tun?
  2. Verschaffe dir einen Überblick über deine Einnahmen und Ausgaben, zum Beispiel mit einem Haushaltsbuch, das du zwei Monate lang führst. Wie viel bleibt monatlich übrig und wie könntest du diesen Betrag steigern?
  3. Lerne zu investieren: Warum dein Geld auf dem Sparbuch nicht gut angelegt ist und welchen Vorteil Aktien und ETFs haben können, sollte jeder wissen.
  4. Informiere dich, wie du Zusatzeinkommen aufbauen kannst. Ein Startpunkt ist unser Artikel mit Ideen für Online-Einkommen.