Vor allem aber hat sie den Landwirt August Wagner für die Baumpflanzaktion gewonnen. Wagner, ein schelmischer Mittfünfziger, hat den elterlichen Hof übernommen und 2009 auf Biobetrieb umgestellt. „Ich bin der Landlord“, sagt er und lacht; ihm gehört die Wiese. Er hat sie verpachtet an einen Pferdehof, der sich von einem Lohnunternehmer hier das Gras mähen und das Heu liefern lässt. Weiß man um diese Konstellation, wird klar, wie langwierig es sein kann, diesen einen Baum zu pflanzen: Drei Parteien sind involviert, eine jede hat Bedenken: Wenn die Wiese sauber gemäht werden soll, steht so ein Baum nicht selten im Weg.
Dabei war das Grasland einst Streuobstwiese. „Der letzte Baum war Totholz, ich hätte ihn stehen gelassen“, sagt Wagner. Aber sein vorheriger Pächter hat ihn ungefragt umgehauen. Was weg ist, ist weg, nachgepflanzt wird nicht. Eine Generation später heißt es oft: Hier hat doch noch nie ein Baum gestanden! Carola Holweg sagt dann: „Aber das wissen Sie nicht sicher, früher haben hier wahrscheinlich doch Bäume gestanden, und keiner weiß mehr, dass es eine Streuobstwiese war.“
Auch Bio-Bauer Wagner war skeptisch. So ein Baum macht Arbeit. Breisach kommt übers Jahr auf durchschnittlich 2.717 Sonnenstunden, mehrwöchige Trockenperioden inklusive. Wer einen Baum pflanzt, muss ihn gießen! Carola Holweg will Gießpaten finden, die sich über die Pflanzung hinaus kümmern. So hat sie Landwirt Wagner überzeugt.
Bis zu 6.000 Euro Sachkostenzuschuss erhalten die Projekte im Rahmen des Programms Kickstart Klima. Die Allianz für Beteiligung betreut und begleitet die Klimaschutzgruppen. „Kickstart Klima unterstützt Projekte, die unterschiedlichste Klimaschutzmaßnahmen umsetzen und dadurch die Bürgerbeteiligung in der Zivilgesellschaft stärken. Dazu müssen auch die Menschen dahinter vernetzt und andere zum Mitmachen animiert werden“, sagt Michael Harder, Projektleiter bei der Allianz für Beteiligung. Er betreut die über 30 laufenden Projekte von Kickstart Klima, organisiert begleitende Veranstaltungen, Netzwerktreffen und Beratungsangebote. „Dabei kann es um alles gehen: Beratung in Sachen Öffentlichkeitsarbeit oder Expertise für Pflanzaktionen. Wichtig ist der Dreiklang aus Austausch, Vernetzung und Bildung.“
Auch Carola Holweg begeistert andere für ihr Projekt. Im April organisierte sie bereits die Pflanzung zweier weiterer Bäume. Breisacher Schülerinnen und Schüler übernahmen das Pflanzen und auch die Intention: die Lage der Landwirtschaft verstehen lernen, Praktisches tun, Natur und Klima helfen.
Wenn Carola Holweg ein Projekt beginnt, hat sie einen Plan. Sie wirft sich rein, haut Leute an, führt dutzendweise Gespräche, hakt hartnäckig nach, bleibt freundlich, verbindlich, gerade dann, wenn sie auf Wider stand trifft. „Ich bin aus Mittelfranken, vom Dorf. Ich mache keinen Unterschied zwischen den Leuten, ob Landwirt oder Naturschützer.“ Sie sieht sich als Mittlerin: „Es kann nicht angehen, nur von den Bauern Veränderungen zu erwarten – wir müssen uns stärker in sie reinversetzen und selbst etwas tun.“ Klimaschutz geht nur, wenn Gemeinsamkeiten gefunden und nicht Gräben aufgerissen werden. Das nötigt auch Toleranz ab.
Fingerspitzengefühl braucht es, wenn sie bei einem Kollegen von Landwirt Wagner um 100 Meter Hecke für den Ackerrand wirbt. „Trotz Feldgespräch im Jahr zuvor ist der Mann abgesprungen.“ Langfristige Planung sei kaum möglich. „Der Hof wird vererbt. Ungewiss ist der Pflegaufwand für die Hecke oder die Zukunft des Ackers, weil vielleicht eine neue Straße kommt.“ Es gibt aber auch gute Nachrichten: Ein ehemaliger Landwirt, der seine Äcker verpachtet hat, sei „offen für zwei Bäume“. Carola Holweg freut sich. „Geht doch!“