Bauen im Kreislauf
Klimaschutzprogramm

Mit einem neuen Forschungsprogramm will die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg Wege in eine klimaneutrale Zukunft der Bauwirtschaft erproben.

Ralf Butscher

Klotzen statt Kleckern – Das ist ein häufig verwendeter Spruch aus dem Jargon der Häuslebauer. Und tatsächlich kleckert die Baubranche in vielerlei Hinsicht nicht. Gebaut wird immer irgendwo und meist lässt sich das auch nicht vermeiden. Das schlägt sich auch auf die Emission von klimaschädlichen Gasen und beim Produzieren von Abfällen nieder. Hier geht es um Zahlen in schwindelerregenden Höhen. So trägt die Bau- und Gebäudewirtschaft weltweit fast 40 Prozent zum gesamten durch menschliche Aktivitäten verursachten Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO₂) bei – vom Bau über den Betrieb bis zum Abriss von Häusern, Straßen oder Brücken. Damit treibt die Branche den Klimawandel maßgeblich mit voran.

Auch beim Anhäufen von Müll gehört sie zu den ganz Großen. In Baden-Württemberg machen ihre Abfälle, darunter beispielsweise Bauschutt, ganze 80 Prozent des gesamten Müllaufkommens aus. Deutschlandweit gingen laut Umweltbundesamt 2021 von den 411 Millionen Tonnen Abfällen, die pro Jahr in Summe entstanden sind, rund 220 Millionen Tonnen auf das Konto sogenannter Bau- und Abbruchabfälle, die unter anderem beim Aufbrechen von Straßen entstehen – etwa, wenn die Fahrbahn neu asphaltiert werden muss.

Die Zahlen belegen: Um beim Bemühen um ein künftig möglichst klimaneutrales Wirtschaften im Land voranzukommen, führt am Bausektor kein Weg vorbei. Die Verwendung nachwachsender und damit klimaschonender Rohstoffe wie Holz, Hanf oder Hopfen kann dabei ebenso ein wirksames Mittel sein wie das möglichst weit gehende Recycling der aus Abrissgebäuden herausgeholten Materialien.

Eine Million Euro an Fördermitteln

Mit einem Programm Zirkuläres Bauen will die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg die Forschung dazu ebenso wie die Umsetzung cleverer und effektiver Ideen unterstützen. Das Programm, das bis Ende 2023 ausgeschrieben war, soll aufzeigen, wie sich die Bauwirtschaft deutlich nachhaltiger als bis lang gestalten lässt. Für eine Reihe von Forschungsprojekten rund um das Thema stellt sie insgesamt eine Million Euro bereit. Die ersten aus den Bewerbungen ausgewählten Projekte sind im Frühjahr 2024 gestartet.

Die Aspekte, denen sich die daran beteiligten Forscherinnen und Forscher widmen, sind vielfältig und facettenreich. So geht es darum, den Verbrauch von Rohstoffen, Energie, Wasser deutlich zu verringern, indem Baumaterialien mehrfach genutzt werden. Dass es im Bau ein enormes Potenzial zum Sparen gibt, belegen Zahlen des Umweltbundesamts. Demnach wurden 2020 in deutschen Steinbrüchen und Kiesgruben für den Bau von Straßen, Brücken und Häusern mehr als 220 Millionen Tonnen Naturstein sowie gut 260 Millionen Tonnen Sand und Kies abgebaut – nicht nur eine Belastung für Mensch und Natur, sondern auch eine Quelle für Klimagase wie CO₂. Hinzu kommt ein großer Bedarf an Kupfer und Eisen für das Herstellen von Kabeln, Rohren und Stahlträgern sowie Erdöl für Kunststoffe, die etwa als Dämmmaterial für Gebäude dienen oder in Abwasserrohren verbaut werden. Der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft bedeutet auch, dass diese wertvollen Komponenten von vornherein so produziert werden, dass sie am Ende ihrer Nutzungsdauer nicht weggeworfen werden müssen, sondern sich möglichst einfach wiederverwenden lassen.

Anwendungsreife Forschung als Ziel

Doch es geht bei dem Programm nicht nur um technische oder bauplanerische Gesichtspunkte. Auch sozialwissenschaftliche Aspekte finden in den geförderten Forschungsprojekten ihren Platz. So stellt sich bei einem grundlegend neuen, auf Wiederverwendbarkeit zielenden Ansatz für das Bauen beispielsweise die Frage, wie Bauteile, die sich mehrfach nutzen lassen, versichert sind und wie weit die Gewährleistung durch Hersteller oder Handwerker reicht. Die praxisnahe Anwendung der Forschungsergebnisse auf lokaler und regionaler Ebene stellt einen weiteren, wichtigen Punkt dar. Klar ist: Damit sie während der dreijährigen Laufzeit des Programms gut vorankommen, ist Klotzen statt Kleckern angesagt. •

 

Zirkuläres Bauen

Schaffe, schaffe, Häusle bauen – und dabei die Ressourcen schonen: Ziel des sogenannten zirkulären Bauens ist es, den Ressourcen- und Materialverbrauch von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zum Abriss der Gebäude zu reduzieren und gleichzeitig deren Nutzungsdauer zu verlängern.

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