Empowerment-Tag 2023

In Baden-Württemberg ist rund die Hälfte aller Studierenden weiblich, doch nur wenige Professuren und Führungspositionen sind von Frauen besetzt. Der Empowerment-Tag der Baden-Württemberg Stiftung macht die Geschlechterungleichheit in Wissenschaft und Wirtschaft sichtbarer und will Frauen fördern. 2023 fand er gleich zweimal statt. Rechtswissenschaftlerin Juliane Lorenz war als Dozentin schon mehrmals mit dabei.

Isabell Stettin

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Was macht für Sie den Empowerment-Tag so besonders und wichtig?

Frauen zu ermutigen, für sich und ihre Fähigkeiten einstehen zu können, darauf liegt der Fokus. Die Teilnehmerinnen beeindrucken mich jedes Mal. Viele sind Doktorandinnen und Nachwuchswissenschaftlerinnen, Studentinnen. Ihr beruflicher, familiärer und sozialer Hintergrund sowie ihre Ziele sind ganz vielfältig. Doch fast alle eint, dass sie sich ihrer Stärken oft nicht bewusst sind. Hier setzen wir an: Einen Tag lang erhalten die Teilnehmerinnen in Workshops Impulse und Tipps für ihre Karriere. Gerade weil Frauen in der Wissenschaft und Wirtschaft in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert sind, finde ich solche geschützten Räume so wichtig. Viele orientieren sich gern an anderen Frauen. Der Empowerment-Tag bietet eine Chance, neue Vorbilder zu finden, sich zu vernetzen und gegenseitig zu inspirieren.

 

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Welche Themen müssen aus Ihrer Sicht noch mehr in den Fokus rücken?

Einer meiner Schwerpunkte ist „Erfolgreiches Verhandeln“. Ich erlebe oft selbst gestandene Nachwuchswissenschaftlerinnen sehr zurückhaltend. Frage ich, warum sie etwa bei Gehaltsgesprächen so zurückhaltend sind, antworten sie oft, dass sie sich nicht trauen, so „hohe Erwartungen“ zu stellen. Glaubenssätze halten viele zurück: „Ich kann das nicht. Ich bin nicht genug. Ich bin das nicht wert.“ Immer wieder begegnen mir Frauen, die sehr perfektionistisch sind oder unter dem „Hochstaplerinnen-Syndrom“ leiden. Das heißt, sie zweifeln an sich, fürchten,
nicht geeignet zu sein und irgendwann aufzufliegen. Das Problem: Wenn ich von mir selbst nicht überzeugt bin, fällt es schwer, andere zu überzeugen. Verhandlungen beginnen im Kopf. Die Frauen brauchen zunächst ein starkes Mindset, müssen ihre Qualitäten selbst erkennen. Wenn ich meine Seminare durchführe, frage ich zuerst: „Wie geht es dir bei dem Gedanken an eine Verhandlung?“ Ganz regelmäßig kommt dann: „Davor habe ich Angst.“ Doch Verhandlungsführung ist ein Handwerk, das sich lernen lässt. Selbstbewusster aufzutreten können wir üben. Darum simulieren wir beim Empowerment-Tag solche Gespräche. Vielen gibt das mehr Sicherheit und Vertrauen.

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Was ziehen Sie selbst aus Ihrem Engagement?

Meinen Leitsatz: Stärken stärken. Female Empowerment bedeutet für mich, Frauen dazu zu ermutigen, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu handeln, ihr eigenes Potenzial zu erkennen und zu zeigen. Das Besondere an dem Format der Baden-Württemberg Stiftung ist, dass Frauen in kurzer Zeit gemeinsam unglaublich wachsen und sich gegenseitig tragen. Diese Entwicklung in wenigen Stunden begleiten zu dürfen, berührt und beflügelt mich immer wieder. Auch ich habe hier vieles erst lernen dürfen und musste mein Selbstvertrauen erst entwickeln: Das ist ein Marathon, kein Sprint. Aber wir können das lernen. Und uns dabei gegenseitig unterstützen. •