Lebensgefahr Höhlentauchen
Erst mehrere Jahre nach der Entdeckung des Mörikedoms beginnt die Arbeitsgemeinschaft Blautopf, ein Team aus Tauchern und Forschenden, das spektakuläre Höhlensystem immer weiter zu erkunden. Sie finden Tunnel, Kathedralen, große Hallen und winzige Engpässe, die das Regenwasser in Millionen Jahren ausgewaschen hat. Wie groß das gesamte Blauhöhlensystem ist, weiß bis heute aber niemand ganz genau. Noch immer machen Taucher eine aufregende Entdeckung nach der anderen.
Einer von ihnen ist Andreas Kücha, der heute zu Deutschlands erfahrensten Höhlentauchern zählt. Als einer der wenigen darf er im Blautopf tauchen. Bis zu 20-mal im Jahr steigt er ab in die Tiefe der Blauhöhle. Auf so einen Tauchgang müsse man sich tagelang vorbereiten, erzählt der 55-Jährige – vor allem emotional. Dunkel, nass und kalt ist es dort unten. Zudem ist das Unterfangen äußerst gefährlich. Einige Taucher haben hier schon ihr Leben gelassen. Kücha, der eigentlich Schreiner ist und seit seiner Jugend fast jede freie Minute der Erforschung von Höhlen auf der ganzen Welt widmet, erklärt: „Wenn man in einem See taucht, kann man bei einem Problem sofort an die Oberfläche kommen. In einer Höhle geht das nicht.“ Niedrige Decken verhindern ein schnelles Auftauchen.
Auch aufgewirbelte Sedimente machen die Tauchgänge immer wieder zur Nervenprobe, wie der gebürtige Giengener berichtet: „Wenn man einen Flossenschlag in den Schlamm setzt, sieht man die Hand vor Augen nicht mehr.“ Zudem müssen die Taucherinnen und Taucher aufgrund der Beschaffenheit des komplizierten Höhlensystems ständig auf- und wieder abtauchen. Den wechselnden Druck müssen sie permanent ausgleichen, nur so verhindern sie eine gefährliche oder gar tödliche Gasanreicherung im Blut. Statistisch gesehen ist das Höhlentauchen 130-mal gefährlicher als das Sporttauchen.
Das Leben der Taucher hängt von jahrelanger Erfahrung ab – und von ihrer Ausstattung. Zu den Sicherheitsstandards gehören eine Führungsleine, die im Notfall immer den Weg zurück in den Blautopf weist, Schutzhelme, zwei getrennte Atemsysteme, Ersatzflaschen und mehrere Lichtquellen. Zusammen mit der Film- und Fotoausrüstung wiegt das Equipment weit über hundert Kilo. Um damit mehrere Kilometer unter Wasser zurücklegen zu können, sind Kücha und seine Kollegen auf modernste Technik angewiesen: Mit einem Scooter, einer Art motorisiertem Schlitten, lassen sie sich durchs Wasser ziehen. „Das ist die Raumfahrt des kleinen Mannes“, sagt Kücha und lacht.