Tanja Baier, Steinmetz- und Bildhauermeisterin

Isabel Stettin
Lesedauer: 1,5 Minuten

"Ich habe mich nie unterkriegen lassen und immer an meinen Traum geglaubt. Meine Arbeit ist mal grob, mal ganz fein. Was manchmal leider fehlt, ist die Wertschätzung für unser Handwerk."
Tanja Baier, Steinmetz- und Bildhauermeisterin, Balingen
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Aufgeben, das kam für Tanja Baier nie infrage. „Ein Mädel als Steinmetzin, das war Ende der 80er-Jahre für viele kaum vorstellbar. Frauen galten als zu schwach“, sagt sie. „Doch wer wirklich etwas will, wird seinen Platz finden.“ Mehr als 70 Bewerbungen schrieb sie, wurde nur zu zwei Vorstellungsgesprächen eingeladen. Schließlich bekam sie eine Lehrstelle bei einem Steinmetz in Ulm, der den Mut hatte, die damals 16-Jährige auszubilden. Heute ist Baier 50. Mittlerweile arbeiten mehr Frauen als Steinmetzin.

„Allerdings erlebe ich es noch immer, dass Frauen im Handwerk ausgebremst werden. Dabei kämpfen wir überall um Nachwuchs.“ Im Jahr 2006 übernahm Tanja Baier den Betrieb ihres Vaters Oswald Baier, den dieser 1978 in Balingen gegründet hatte. Dass sie die Lehre nicht bei ihm absolvierte, war ihr sehr wichtig. „Ich kann nur jedem jungen Menschen empfehlen, Neues zu entdecken.“ Auf die Familie kann sie sich immer verlassen. Ihr Mann arbeitet mit, die zwei Schwestern helfen im Büro. Und auch ihr heute 83-jähriger Vater unterstützt sie. „Er war immer mein großes Vorbild. Der Beruf ist sein Leben, er gibt sein Herzblut“, sagt Tanja Baier. „Ich bin stolz, dass ich sein Werk heute fortführen kann.“

WERKE FÜR DIE EWIGKEIT

Jeder Stein reagiert anders, jede Arbeit ist einzigartig – und ein Stück für die Ewigkeit. Am liebsten arbeitet Tanja Baier mit Granit: „Mein Herz hängt an den Grabsteinen.“ Manche muss sie sägen und schleifen, andere fein verzieren mit filigranen Ornamenten. Baier hat dafür bei einem Bildhauer Zeichnen gelernt. „Wenn die Angehörigen am Ende glücklich sind, berührt mich das“, sagt Baier. „Ich versuche, ein Stück der Persönlichkeit des Verstorbenen im Stein zu verewigen.“ Sie hat zur Erinnerung schon Traktoren eingefräst oder Stricknadeln graviert. Es gibt Phasen, in denen Baier kaum hinterherkommt mit ihrer Arbeit, doch ablehnen will sie niemanden. Andererseits vermisst sie mitunter die Wertschätzung, erlebt es manchmal, dass Handwerkerinnen und Handwerker von oben herab behandelt werden. „Doch je weniger wir werden“, sagt sie, „umso mehr spüren die Menschen, dass wir gebraucht werden.“

Ein Grabstein aus Granit wird zurechtgesägt.
Von grob bis fein: Werkzeuge für jedes Detail.
Tanja Baier hat nie aufgegeben und ihren Traum wahrgemacht.
Der Schaltkasten der Steinsäge: Sie schneidet Marmor, Granit oder Schiefer.
Jedes Grabmal, jede Skulptur ist einzigartig.