Schnell dribbeln die Spieler über den Hallenboden, die quietschenden Geräusche der Turnschuhe dringen durch die geöffnete Tür. Kostas, 13, und sein Zwillingsbruder Alex Ntala lassen sich vom Geschehen hinter ihnen nicht beirren. Sie sitzen in einer kleinen Gruppe auf dem Boden des Pausenraums der GBG-Halle im Herzogenried in Mannheim und beugen ihre Köpfe über ein Blatt Papier. „Der VfB Stuttgart ist ein Verein für Bewegungsspiele“, beginnt Alex zu lesen, etwas stockend, aber klar und deutlich. Er trägt ein gelbes Trikot der brasilianischen Nationalmannschaft, sein Blick ist konzentriert. „Der VfB Stuttgart wurde fünfmal deutscher Meister“, macht Kostas weiter. Reihum lesen die vier Schüler der Uhland- Werkrealschule, Satz für Satz wandert der Text im Kreis. Aus der Turnhalle hört man lautes Lachen, Stimmengewirr, manchmal in mehreren Sprachen.
Während die kleine Gruppe die Texte bearbeitet, spielen nebenan zwei Teams gegeneinander Fußball. „Spiel ab!“, ruft ein Junge, sein Mitspieler jongliert den Ball auf seinem Fuß. „Schieß zu mir!“ An diesem Mittwochnachmittag geht es nicht nur um Sport, sondern auch um Sprache, Selbstvertrauen, Integration.
„Ich bleib am Ball“ heißt das Projekt, das von der Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms kicken&lesen gefördert wird. Die Idee ist einfach: Über die Leidenschaft für Fußball soll das Interesse am Lesen geweckt werden. In Deutschland verschlechtert sich die Lesekompetenz der Kinder stetig: 25 Prozent der Viertklässlerinnen und Viertklässler erreichen nicht den international festgelegten Mindeststandard – das ist jedes vierte Kind (Iglu-Studie 2023). Im Jahr 2001 hatte jedes sechste Kind in der vierten Klasse Probleme mit dem Lesen, 2016 war es jedes fünfte. Zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr nimmt vor allem bei Jungen das Interesse am Lesen rapide ab.