Next Generation

Was brauchen junge Menschen für eine gute Zukunft? 15 Kinder und Jugendliche erzählen von ihrer Förderung durch die Baden-Württemberg Stiftung – und von ihren Wünschen. Eine Porträtserie.

„Es macht einfach wahnsinnig Spaß, experimentieren zu dürfen. Im Alltag kriegt man selten die Chance dazu. Normalerweise muss immer alles sofort klappen“, sagen Laura Santalucia (rechts) und Nele Rapp. Die beiden freuen sich auch, dass sie im November 2025 zur Erfindermesse iENA nach Nürnberg fahren dürfen.

Mit Hightech backen

Welcher Hobbybäcker kennt es nicht? Beim Glasieren von Gebäck tropft Flüssigschokolade daneben, Finger und Küchentisch kleben. Die Schülerinnen Laura Santalucia, Nele Rapp und Sophie Anzer haben eine clevere Lösung entwickelt: einen Glasierautomaten. Durch eine Schublade schiebt man ein Gebäckbällchen in ein Gehäuse aus Holz und Plexiglas. Dort wird es von einem programmierbaren Roboterarm ergriffen, in Glasur und Streusel getunkt und über eine Schublade wieder ausgegeben. Sauber und einfach.

Die zündende Idee kam den Mädchen vom Thomas-Strittmatter-Gymnasium in St. Georgen beim Backen. „Wegen der Kleckerei musste man hinterher so viel putzen, dass Backen gar keinen Spaß mehr machte“, erklärt Laura, 13. Rund sechs Monate bauten die drei an ihrer Konstruktion. Sie eigneten sich Kenntnisse in der Programmiersprache Arduino an und feilten an jeder noch so kleinen Codezeile, unterstützt von einem Schüler der Kursstufe. „Manchmal reicht schon ein Zeichen zu viel oder zu wenig – und nichts funktioniert mehr“, berichtet Nele, 12.

Ihr Projekt präsentierten die drei beim Artur Fischer Erfinderpreis 2025 (AFE) – und holten in der Kategorie „Bis Klasse 7“ den ersten Platz. „Es ist einfach cool, wenn andere Leute sich für deine Erfindung interessieren“, sagt Nele. „Wir freuen uns natürlich riesig über den ersten Preis“, sagt Laura. „Das war ein großartiges Gefühl auf der Bühne!“ Das AFE-Preisgeld in Höhe von 2.000 Euro kommt genau richtig, denn als Nächstes wollen die jungen Erfinderinnen ihren Apparat ausbauen und größere Backwaren wie etwa Donuts glasieren. Dafür brauchen sie einen kräftigeren Greifarm. Eine St. Georgener Firma stellt ihn zur Verfügung. Auch Neles Bruder Lasse, 12, ist inzwischen Teil des Teams. Alle sind sicher: Der neue Glasierautomat wird ein voller Erfolg.

Text: Sylvia Rizvi

Sarya P. lebt mit ihrer Familie, die aus der Türkei stammt, im Hoffnungshaus Leonberg – und lernt jeden Tag, wie wertvoll Natur und Gemeinschaft sind.

Zusammen wachsen

Mangold, Zucchini, Tomaten, Mais, Salat und Auberginen wachsen im üppigen Beet im Garten des Hoffnungshauses in Leonberg. Hier lebt Sarya P., 8, mit ihrer Familie – und rund 90 anderen Menschen. Viele von ihnen mussten aus ihren Herkunftsländern flüchten: aus Nigeria, Syrien, Afghanistan oder der Ukraine. Die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner ist jünger als 18 Jahre. Zweimal pro Woche gibt es ein Kinderprogramm für die Jüngsten, die auch gemeinsam Hausaufgaben machen, Pflanzentöpfe basteln, spielen und die Umgebung entdecken.

Die Kinder betreuen ihr eigenes Beet, helfen beim Gießen, ernten – und zwischendurch wird auch mal genascht. „Die Kleinen sind sauer, aber die Großen schmecken sehr, sehr süß!“, sagt Sarya über ihre Lieblingsfrucht, die Erdbeere. „Ich liebe es, im Garten zu sein, wenn die Sonnenblumen, Tulpen und Rosen blühen.“ Der Garten ist für Sarya ein Entdeckungsfeld und ein Ort, an dem sie lernen kann. „Manchmal backen wir zusammen Muffins, Hasenbrötchen mit Karotten oder Pizza“, erzählt sie. „Dafür pflücken wir Kräuter oder Tomaten direkt aus dem Beet.“ Erst können die Kinder zusehen, wie das Gemüse wächst, dann helfen sie beim Kochen.

Der Garten ist Teil des Programms Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft, das Umweltbewusstsein fördert und von der Baden-Württemberg Stiftung und der Heidehof Stiftung getragen wird. Wer sieht, wie eine Tomate wächst, betrachtet Essen nie mehr als selbstverständlich. „Außerdem bedeutet das gemeinsame Kochen und Essen für viele Heimat, Identität und Gemeinschaft“, sagt Karin Link, Standortleiterin des Hoffnungshauses in Leonberg: „Es erzählt, wo wir herkommen, und verbindet uns – oft ohne Worte.“ Die Hoffnungshäuser, ein Projekt der Hoffnungsträger Stiftung, sind seit der Eröffnung des ersten Hauses in Leonberg 2016 zu Orten geworden, an denen Menschen neue Wurzeln schlagen können.

Text: Isabel Stettin

Fatima Gholami geht die Situation in Afghanistan, der Heimat ihrer Eltern, sehr zu Herzen. Frauen dürfen sich dort kaum noch frei bewegen. Das führt ihr das Glück, über das eigene Schicksal bestimmen zu können, umso deutlicher vor Augen.

Den eigenen Weg finden

Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Auch wenn der sehr lang sein kann. Fatima Gholamis Weg begann mit der Flucht ihrer Eltern aus Afghanistan in den Iran. 2015 kam die Familie mit der damals 14-jährigen Fatima nach Deutschland und landete in Rastatt. Doch ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Schlussendlich durfte die Familie bleiben, weil Fatima eine Ausbildung als Medizinische Fachangestellte begonnen hatte. „Doch ich wollte noch mehr erreichen. Irgendwann habe ich Mut gefasst und mich für die Weiterbildung entschieden“, erzählt die heute 24-jährige Frau. Auf der Berufsfachschule machte sie ihren Realschulabschluss, danach ging sie auf eine Wirtschaftsoberschule.

Von Talent im Land erfuhr Fatima über eine Freundin, sie bewarb sich selbst und wurde genommen: „Das hätte ich nie gedacht. Mein Leben lang hatte ich immer das Gefühl, nicht gesehen zu werden.“ Beim ersten Stipendiatentreffen hätte sie am liebsten gleich wieder kehrtgemacht. „Aber ich wurde so warmherzig aufgenommen. Ich habe mich sofort zugehörig gefühlt“, erzählt Fatima. In den drei Jahren ihres Stipendiums hat sie kaum ein Seminar ausgelassen – nicht an den Wochenenden und auch nicht in den Ferien. Das Highlight war die alljährliche Sommerakademie am Bodensee. „TiL war für mich viel mehr als ein Stipendium. Es war wie ein sicherer Hafen in unsicheren Zeiten und wie ein Raum, in dem ich meine Geschichte offen erzählen konnte.“

Mit Talent im Land hat sie nicht nur ihren Traum vom Abitur verwirklichen können, sie ist auch viel selbstbewusster geworden. Auf der TiL-Absolventenfeier 2025 in Tübingen hielt sie zusammen mit Stefano Miraglia eine Rede. „Natürlich war ich nervös. Mit TiL habe ich gelernt, Mut zu haben und nicht aufzugeben“, sagt Fatima. Diese Einstellung hat sie weit getragen: bis hin zum Studium, dem nächsten Schritt auf ihrem Weg. Auch ihr Antrag auf Einbürgerung läuft. Sie hofft, dass sie absehbar in ihrer neuen Heimat ganz ankommen kann. Das wäre ihr größtes Ziel.

Text: Elisa Holz

Nga Tha My Nguyen (Evelyn) aus Vietnam, ist ein Naturtalent hinter der Kamera. Sie interessiert sich fürs Filmemachen und begann während „Films for Future“ auch über gesellschaftspolitische Themen nachzudenken, die für sie zuvor noch keine so große Rolle gespielt hatten.

Perspektiven einfangen

15 Kinder, 15 Minuten sprichwörtlicher Ruhm – und noch viel mehr! Es war ein einzigartiger Moment für die Kinder und Jugendlichen des Projekts „Films for Future“ in Freiburg, das von der Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft gefördert wird: Ihr fünfminütiger Abschlussfilm, den sie gemeinsam über ihren dreitägigen Workshop zum Thema Wasser und Gewässerschutz gedreht haben, wurde im September 2025 im Rahmen des Freiburger Jugendfilmfestivals „Coole Suppe“ gezeigt. Im Kino, auf der großen Leinwand! „Die Kinder freuten sich riesig, dass sie gesehen wurden. Diese Plattform wirkt auf sie unheimlich stärkend“, erzählt Sarah Moll, Diplomregisseurin, Autorin und Leiterin des Projekts „Films for Future“. Ihr Ansatz ist es, Kinder und Jugendliche über das Medium Film spielerisch für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren.

„Ich fand es super, mit der Kamera zu arbeiten“, sagt Nga Tha My Nguyen, 16, die aus Vietnam stammt und sich Evelyn nennt, seit sie in Deutschland ist. Die Schülerin war sehr engagiert dabei, möglichst viele Szenen des dreitägigen Workshops im Klimagarten auf Film zu bannen. Obwohl sie noch nicht perfekt Deutsch spricht, hatte sie schnell die Scheu hinter der Kamera verloren und die anderen Kinder interviewt. Zu sagen gab es genug, erinnert sich Evelyn. Schließlich geht das Thema Wasser wirklich alle etwas an. „Wasser ist sehr wichtig für alles Leben – fürs Trinken, Kochen und Duschen zum Beispiel“, sagt Evelyn. Sie persönlich trinkt jeden Tag mindestens zwei Liter Wasser. Und auch das Meer mag sie sehr gerne. Zwar ist der nächste Strand von Freiburg nicht so schnell zu erreichen wie in ihrer alten Heimat Vietnam. „Aber es ist schön hier im Klimagarten. Und es riecht dort so gut“, sagt Evelyn.

Text: Elisa Holz

Jugendliche lernen über das Projekt „Get Reel!“ im Programm Safe!, soziale Medien bewusst zu nutzen – und ihre Ideen sichtbar zu machen. Jona F. und Theresa R. drehten Social-Media-Videos über Themen, die sie im Alltag umtreiben.

Wichtige Themen setzen

YouTube, TikTok, Instagram: Wie beeinflussen diese Plattformen unser Leben? Und wie kann man über Social Media selbst Themen pushen? Das wollten Jona F., 12, und Theresa R., 13, im Rahmen des Angebots „Get Reel! – Deine Story zählt“ herausfinden. Das Format ist Teil des Programms Safe!, das die Baden-Württemberg Stiftung gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg an Schulen anbietet.

„Am Anfang haben wir über die Plattformen gesprochen und Videos zum Thema geschaut“, erinnert sich Jona, der wie Theresa auf die Anne-Frank-Realschule in Ettlingen geht. „Zu sehen, was man mit Social Media alles machen kann, war richtig interessant“, ergänzt Theresa. Gleichzeitig sind den beiden auch die Schattenseiten bewusst: Desinformation und Hasskommentare. Jede Gruppe hatte dann die Aufgabe, selbst einen Videoclip für Social Media zu gestalten und ein Thema dafür zu finden. „In meiner Gruppe ging es um den Ärztemangel“, erzählt Theresa. „Das ist ein richtig großes Problem in vielen Gegenden.“ Jona und sein Team wählten das Thema Schule im Sommer: „Bei uns ist es immer brütend heiß, weil so viel Glas in den Klassenräumen verbaut ist. Konzentrieren fällt da richtig schwer.“ In dem Videoclip, den Jona mit entwickelt und produziert hat, kämpft eine Klasse für eine Klimaanlage: „Wir haben uns alles selbst ausgedacht und umgesetzt – und sogar Requisiten wie einen Karton als Klimaanlage gebastelt. Es hat total Spaß gemacht, die Szenen zu drehen. Das Schwierigste war, sich beim Schneiden auf eine Version zu einigen.“

Zum Abschluss durften alle Gruppen ihre Ergebnisse dem parteilosen Bürgermeister von Ettlingen, Moritz Heidecker, persönlich vorstellen. Am Ende hatten Jona und Theresa nicht nur viel über Social Media gelernt, sondern auch über Politik, Teamarbeit und Verantwortung.

Text: Isabel Stettin

Stefano Miraglia konnte es zunächst gar nicht glauben, dass ihn seine Lehrerin am sozialwissenschaftlichen Mathilde-Planck-Gymnasium in Ludwigsburg für Talent im Land vorschlagen hat. So etwas wie ein Stipendium kannte er bis dahin nur aus US- amerikanischen Highschool-Filmen.

Gemeinschaft erfahren

Offiziell heißen sie TiL-Stipendiaten, intern nennen sie sich die „Tiller“. TiL ist die Abkürzung für Talent im Land – auf dem Papier ein Stipendienprogramm für Schülerinnen und Schüler, in der Realität eine außergewöhnliche Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Ein „Safe Space“, wie Stefano Miraglia sagt, getragen von gleichen Werten, viel Verantwortungsgefühl und ähnlichen Erfahrungen im Leben. „Jede und jeder von uns hat ein Paket zu tragen“, sagt der 19-jährige Abiturient aus Ludwigsburg.

TiL unterstützt junge engagierte Menschen, die auf dem Weg zum Abitur oder zur Hochschulreife soziale Hürden überwinden müssen. „Ich habe mich durch TiL neu kennengelernt“, erzählt Stefano, der früher oft für sich alleine blieb. In den zwei Jahren als Stipendiat hat er die Kraft des sozialen Zusammenhalts für sich entdeckt. Und auch erfahren, dass diese Kraft wächst, wenn man selbst aktiv wird und sich für andere engagiert. Zusammen mit zwei anderen Stipendiaten organisierte Stefano in Eigenregie einen fünftägigen TiL-Ausflug nach Dresden – inklusive An- und Abreise, Unterkunft und Bootstour auf der Elbe. „Ich war ganz schön nervös“, gibt Stefano offen zu. Nicht nur, weil er sich für das Wohlergehen der 15 anderen „Tiller“ verantwortlich fühlte, sondern auch, weil Sachsen eine Hochburg der AfD ist und die TiL-Stipendiaten eine bunte Truppe sind. „Aber wir waren alle positiv überrascht. Die Leute waren wirklich lieb.“ Inzwischen hat sich Stefano auch an der Universität in Dresden beworben. Er würde gerne Psychologie oder ein anderes sozialwissenschaftliches Fach studieren.

Mit einer Abiturnote von 1,2 hat er freie Wahl. „Ich freue mich so!“, sagt Stefano. Auch für seine Eltern, die beide nur die in Italien vorgeschriebene Mindestschulzeit absolvieren konnten. Für Stefano ist Lernen auch im Hinblick auf seine eigene Familiengeschichte ein Privileg – und die Zeit als „Tiller“ ein Geschenk.

Text: Elisa Holz

Efsun A. ist grundsätzlich für alles offen. Von ihrer eigenen beruflichen Zukunft aber hat sie klare Vorstellungen: Efsun will Abitur machen und Psychologie studieren.

Technik entdecken

Efsun A. geht gerne in die Schule. Die Lieblingsfächer der 16-Jährigen sind Englisch und Musik. Physik findet sie noch halbwegs interessant. „Aber Mathe mag ich gar nicht“, sagt Efsun, die in diesem Jahr die 9. Klasse der August-Renner-Realschule in Rastatt abgeschlossen hat. Vielen Schülern – und insbesondere Schülerinnen – fehlt ein guter Zugang zu den sogenannten MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Das Programm COACHING4FUTURE will das ändern, schließlich bilden diese Fächer die Grundlage für Berufe mit Zukunft in der Industrie, in Entwicklung und Forschung. Deshalb macht der DISCOVER-INDUSTRY-Truck jetzt schon das dritte Jahr in Folge für drei Tage Station auf dem Schulhof der Realschule.

Im Innern ist der futuristisch aussehende Erlebnislerntruck auf 100 Quadratmetern mit modernster Technik ausgestattet. Hier bekommen die Jugendlichen einen Eindruck davon, wie die Entwicklung eines Industrieprodukts ablaufen kann – und welche Rolle dabei die MINT-Fächer spielen. An insgesamt fünf Stationen geht es um Visualisierung, Modellierung, geeignete Werkstoffe, aber auch um Fragen von Logistik und Lagerung. Unter Anleitung der Truck-Coaches hat Efsuns Klasse einen Smiley in 3D ausgedruckt, einen Fidget Spinner konstruiert und mit einer Virtual-Reality-Brille Berufe in der Industrie möglichst realitätsnah erlebt. Und die Schülerinnen und Schüler haben sich selbst gescannt und so einen digitalen Prototyp der eigenen Person erschaffen. „Ich habe viel Neues gelernt. Es ist schon krass, was man mit Technologie machen kann und was sich da so alles tut“, ist Efsun beeindruckt. „Die drei Tage im DISCOVER-INDUSTRY-Truck waren echt cool.“

Text: Elisa Holz

Dorothy O. liebt es, mehr über die Natur und die Umwelt zu erfahren – und selbst aktiv zu werden und sie zu schützen.

Der Erde helfen

Konzentriert beugt sich Dorothy O. über den Tisch, bepinselt mit bunter Acrylfarbe eine Konservendose, aus der später ein bunter Pflanzentopf entsteht. Die 9-Jährige wohnt im Hoffnungshaus Leonberg (Seite 10), gemeinsam mit ihrer Familie und rund 90 weiteren Menschen. Das Kinderprogramm im Hoffnungshaus, das von der Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft gefördert wird, steht unter dem Motto „Nachhaltigkeit und Umwelt“. Die kleinen Bewohnerinnen und Bewohner treffen sich an zwei Tagen in der Woche zum Basteln, Spielen und Lernen. „Wir zeigen, dass aus Sachen, die andere wegwerfen, noch etwas richtig Schönes werden kann“, sagt Dorothy. Nachdem sie ihre Dose bunt angemalt hat, füllt sie Erde hinein und sät Kresse, die schon nach wenigen Tagen geerntet werden kann. Für Dorothy ist klar: „Wir wollen weniger Müll machen und Dinge wiederverwenden, damit wir der Erde helfen.“

Doch es bleibt nicht allein beim Basteln. Die Kinder lernen auch, was der gelbe Sack ist und wie in Deutschland Mülltrennung funktioniert. „Außerdem haben wir selbst auf einer Wiese Müll gesammelt“, sagt Dorothy. Dass Menschen ihren Abfall einfach wegwerfen, gefällt ihr gar nicht. „Die Natur ist wunderschön und darf nicht zerstört werden“, betont sie. „Wir erleben draußen so tolle Sachen.“ Dorothy erinnert sich auch an den Besuch des Naturkundemuseums in Stuttgart: „Am meisten hat uns das riesige Walskelett fasziniert“, sagt sie und breitet lachend die Arme aus, um zu zeigen, wie groß es war. Bei einem Ausflug zur Kläranlage hat Dorothy außerdem erfahren, wie aus schmutzigem Wasser klares und sauberes Trinkwasser wird. „Erst fand ich das ein bisschen eklig, vor allem aber echt spannend. Ich finde es schön, dass wir zusammen so viel über die Umwelt lernen und dass alle mitmachen.“

Text: Isabel Stettin

Emilia Kress hat schon immer gern gebastelt und sich neue Dinge ausgedacht. Die 16-Jährige kann sich gut vorstellen, einen technischen Beruf zu ergreifen. An Begabung fehlt es nicht: Auch beim Jugendforscht-Landeswettbewerb 2025 war sie erfolgreich und hat den Sonderpreis Technik der Hochschule Offenburg erhalten.

3D-Scans verbessern

3D-Scans von Objekten sind meist teuer und komplex. Emilia Kress, 16, aus Aalen hat eine kompakte Apparatur erfunden, die günstige und präzise Scans für den Heimgebrauch ermöglicht. Ihr „EasyScan“ bewegt ein Smartphone in einer vertikalen Kamerafahrt automatisch um ein sich drehendes Objekt. Eine selbstgebaute Lichtkuppel sorgt für eine gleichmäßige Ausleuchtung. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. „Man kann zum Beispiel im Gamedesign eine physische Figur digitalisieren und sie in virtuelle Spielwelten integrieren“, erklärt Emilia Kress. Der „EasyScan“ hilft auch beim Nachdruck fehlender Spielfiguren und beim Erfassen technischer Bauteile.

Rund ein halbes Jahr arbeitete die Schülerin des Aalener Theodor-Heuss-Gymnasiums an ihrem anspruchsvollen Projekt. Besonders herausfordernd war die Konstruktion der Drehachsen, damit sich sowohl das Objekt als auch das Smartphone ruhig und exakt bewegen lassen – und das Handy nicht herunterfällt. „Bis dahin hatte ich hauptsächlich mechanisch gearbeitet und kaum mit Elektronik“, sagt Emilia. „Das Tüfteln war zeitaufwändig, hat aber Spaß gemacht.“ Und es hat sich gelohnt: Die 16-Jährige gewann mit ihrem „EasyScan“ in der Kategorie „Klassen 8 bis 10“ den Artur Fischer Erfinderpreis 2025. „Ich freue mich sehr über diese große Anerkennung. Dadurch bin ich motiviert, auch in Zukunft neue Ideen umzusetzen.“

Emilia Kress hatte sich beim AFE beworben, weil sie neue Erfahrungen sammeln wollte: „Die Gespräche mit den anderen Erfindern haben mich inspiriert.“ Die jungen Teilnehmenden konnten im Rahmen der Preisverleihung in einem Exit Game unter Zeitdruck gemeinsam Aufgaben zum Thema Gewässerschutz lösen. Der Artur Fischer Erfinderpreis wurde 2025 zum 13. Mal verliehen.

Text: Sylvia Rizvi

Marvin Göbeler macht es großen Spaß, draußen zu spielen. Er mag die frische Luft, die vielen verschiedenen Pflanzen und die Atmosphäre: „Hier fühle ich mich frei."

Wasser schützen

Der Freiburger Klimagarten ist eine grüne Oase, vor der die Probleme dieser Welt allerdings nicht haltmachen. „Wir haben dort ganz schön viel Müll gesammelt und aus dem Wasser des Bachs gefischt“, erzählt der 13-jährige Marvin Göbeler, der ursprünglich aus Benin in Westafrika stammt und in Freiburg auf die Pestalozzi-Realschule geht. Er ist einer von 15 Kindern und Jugendlichen, die im Sommer 2025 an der Filmworkshop-Reihe „Films for Future – Nachhaltigkeit mit allen Sinnen erleben“ teilgenommen haben. Das Projekt des Medienbildungsvereins Kommunikation & Medien, das von der Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft gefördert wird, richtet sich an benachteiligte Kinder und Jugendliche, die zu Bildungsangeboten jenseits der Schule wenig oder keinen Zugang haben.

In Freiburg ging es ums Thema Wasser und Gewässerschutz. Während eine Gruppe den kleinen Bach und seine Lebewesen erkundete, war eine andere Gruppe für die Verpflegung zuständig und kochte – auch mit dem Gemüse aus dem Klimagarten. Eine dritte Gruppe filmte die verschiedenen Aktionen mit Videokameras und die Jugendlichen interviewten sich gegenseitig. Marvin ist bewusst, dass Wasser ein kostbares und überlebenswichtiges Gut ist. Wenn er zu lange duscht, schießen ihm sofort die warnenden Worte seiner Mutter in den Kopf: „Nicht alle Menschen haben so viel Wasser wie wir hier.“ In Benin zum Beispiel, erzählt Marvin, ist es viel trockener und das Wasser auch nicht überall so sauber. Wassermangel und Dürre, das ist Marvin sonnenklar, sind große Probleme für die Menschheit: „Aber ich bin daran nicht schuld. Ich bin ja kein Präsident.“ Das heißt aber nicht, dass man als junger Mensch nichts tun kann. Marvin hat im Workshop gelernt, dass man seinen Müll mitnehmen, selbst entsorgen und Plastikmüll vermeiden soll. Neben den umweltpädagogischen Aspekten ging es dem Team aber auch darum, den Kindern einfach eine gute Zeit zu ermöglichen.

Text: Elisa Holz

Witalij Plett (links) und Maddox Srey-Ouch haben gelernt, Durststrecken zu überwinden. Bei ihrem Dämmstoff „ThermariS“ brauchte es Ausdauer, um die richtige Materialmischung zu finden. Beide wollen den Naturwissenschaften treu bleiben. Witalij möchte Wirtschaftschemie studieren, Maddox Biochemie.

Mit Algen alles können

Witalij Plett und Maddox Srey-Ouch aus Tuttlingen sind erfolgreiche Erfinder – und wahre Algen- Fans. Unterstützt vom Förderprogramm mikro makro mint untersuchten die beiden 18-Jährigen ihre Lieblingsorganismen über drei Jahre hinweg in drei verschiedenen Projekten. Mal ging es darum, wie sich aus Algen Kunststoffe herstellen lassen, mal darum, welches Potenzial Algen für die Gewinnung von Wasserstoff und Bioethanol bieten.

Besondere Aufmerksamkeit in der Fachwelt erregte ihr innovativer Dämmstoff aus Algen, Sägespänen und Wasser: „ThermariS“. Er ist kostengünstiger als andere Dämmstoffe, schützt die Umwelt, bietet ausgezeichnete Wärme- und Schalldämmung. Zudem ist er als Verpackungsmaterial einsetzbar – und vollständig wiederverwertbar. „Wir wollten zeigen, dass nachhaltige Materialien nicht nur besser für die Umwelt sind, sondern auch leistungsfähig und vielseitig einsetzbar“, erklärt Witalij. Ihre Idee wurde vielfach ausgezeichnet. Beim Artur Fischer Erfinderpreis 2025 gewannen sie in der Kategorie „Gymnasiale Oberstufe/berufliche Schulen“. Zudem holten sie mit „ThermariS“ 2025 die Goldmedaille bei der International Conference of Young Scientists (ICYS).

Witalij und Maddox machten im Sommer am Immanuel-Kant-Gymnasium ihr Abi, mit Leistungskurs Chemie. Algen faszinieren sie wegen ihrer Vielseitigkeit. Jede Woche verbrachten die beiden rund vier Stunden im Tuttlinger Schülerforschungszentrum, wo sie notwendige Gerätschaften nutzen konnten, um das Material für „ThermariS“ zu verbessern. „Mal war der Stoff zu bröckelig, mal zu weich“, erzählt Maddox. Durch die finanzielle Unterstützung der Baden-Württemberg Stiftung konnten die beiden Erfinder Chemikalien kaufen und ihre Arbeit auf Wettbewerben präsentieren. Mit mikro makro mint fördert die Stiftung das Interesse von Kindern und Jugendlichen in den MINT-Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Text: Sylvia Rizvi

 

 

Glitzer, Gold und viel Herz: Aus recycelten Materialien und viel Fantasie hat Melody Palm in der mobilen Schmuckwerkstatt ihre Herz-Kette gezaubert. Ihre kleine Schwester Zoey hat ebenfalls mitgebastelt – die Große half der Kleinen.

Mit Herz gestalten

„Ich liebe es zu werkeln“, sagt Melody Palm. Um ihren Hals glitzert eine selbstgemachte Kette in der Sonne. Mit einer kleinen Zange hat die 9-Jährige den Draht zu einem Herz gebogen, es mit einem goldenen Faden umwickelt und funkelnde Perlen daran aufgefädelt. „Ich trage die Kette, so oft es geht“, sagt sie stolz. Das Schmuckstück hat Melody an der Werkbank der „Mobilen Schmuckwerkstatt“ des Stadtjugendrings Pforzheim gefertigt, als diese in Brötzingen, einem Stadtteil im Westen Pforzheims, Halt gemacht hatte.

Das Werk- und Kreativangebot bringt handwerkliche Erlebnisse dorthin, wo Kinder sind – auf Schulhöfe, Spielplätze, Märkte oder ins Klassenzimmer. Es wird durch die Baden Württemberg Stiftung im Programm Die Zukunft in die Hand nehmen – Innovative Werk!statt für Kinder und Jugendliche finanziell unterstützt. Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren können gestalten, ausprobieren und ihre Kreativität entfalten. Unter dem Motto „Schmuck und Schönes“ – in Anlehnung an Pforzheim als Zentrum der deutschen Schmuckmanufaktur – lernen die Kinder verschiedene Techniken kennen. Sie arbeiten mit Hammer, Feile und Säge, verwenden Materialien, die aus der Natur stammen oder recycelt wurden. Aus alten Geschenkpapierstreifen rollen die Kinder Perlen, aus Holunderholz entwerfen und gestalten sie kleine Kunstwerke, Ringe und Schlüsselanhänger. „Viele beginnen zögerlich, sie denken, sie können das nicht“, sagt Philipp Maier, pädagogischer Mitarbeiter beim Stadtjugendring Pforzheim, der das Projekt organisiert: „Doch sobald sie loslegen, stellen sie fest, was alles möglich ist.“

Melody ist neugierig und entdeckt gerne Neues. Sie liebt es, in der Natur zu spielen und Schätze zu suchen: „Ich sammle und presse Blätter, trockne Blüten, bastle mit Kastanien.“ Das Gestalten mit den Händen war für sie darum das perfekte Programm. Doch nicht nur der Schmuck bleibt für sie in glänzender Erinnerung: „Ich habe bei der Schmuckwerkstatt sogar eine neue Freundin gefunden.“

Text: Isabel Stettin