BW Stiftung: Neue Programme für Antisemitismusforschung und Demokratiebildung

  • Aufsichtsrat der Baden-Württemberg Stiftung beschließt Programme für 2024: Mehr als 4 Millionen Euro für Demokratiebildung
  • Stiftung fördert die Erforschung der autobiografischen Schriften des Auschwitz-Überlebenden Elie Wiesel an der Universität Tübingen
  • Aufsichtsratsvorsitzender Winfried Kretschmann MdL: „Mit den heutigen Beschlüssen reagiert die Baden-Württemberg Stiftung auf aktuelle Probleme – schnell, unbürokratisch und flexibel. Sie investiert in innovative Forschung und stärkt mit erprobten Programmen den internationalen Austausch junger Menschen und das demokratische Bewusstsein im Land.“

In seiner Sitzung an diesem Donnerstag (14. Dezember) hat der Aufsichtsrat der Baden-Württemberg Stiftung die Schwerpunkte für die Stiftungsarbeit im Jahr 2024 beschlossen. Mehr als 30 Millionen Euro werden sowohl für neue Schwerpunkte als auch für die Fortführung erfolgreich laufender Programme verwendet. Der Aufsichtsrat stärkt die Arbeit zur Demokratiebildung und beschließt die Fortführung eines Projekts zur Antisemitismusforschung an der Universität Tübingen. Auch erfolgreiche Programme wie das Baden-Württemberg-STIPENDIUM und das MINT-Förderprogramm COACHING4FUTURE werden 2024 fortgesetzt. Des Weiteren beschließt der Aufsichtsrat ein neues Forschungsprogramm zu Life Science Engineering sowie weitere Programme in den Bereichen Forschung, Bildung sowie Gesellschaft und Kultur.

"Die BW Stiftung investiert in innovative Forschung und stärkt mit erprobten Programmen den internationalen Austausch junger Menschen und das demokratische Bewusstsein im Land."
Ministerpräsident Winfried Kretschmann MdL, Aufsichtsratsvorsitzender

„Mit den heutigen Beschlüssen reagiert die Baden-Württemberg Stiftung auf aktuelle Probleme – schnell, unbürokratisch und flexibel. Sie investiert in innovative Forschung und stärkt mit erprobten Programmen den internationalen Austausch junger Menschen und das demokratische Bewusstsein im Land“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann MdL, Aufsichtsratsvorsitzender der Baden-Württemberg Stiftung. „Vielerorts wird derzeit an den Grundfesten unserer Demokratie gerüttelt. Die Konflikte in der Welt wirken sich auch auf unser Zusammenleben in Baden-Württemberg aus. Im Zuge des Nahost-Konflikts tritt Antisemitismus wieder offen zutage. Das dürfen wir nicht tolerieren. Umso wichtiger ist es, dass die Demokratiebildung bei der Stiftung auch im nächsten Jahr einen hohen Stellenwert einnimmt.“

Mehr als 4 Millionen Euro stellt der Aufsichtsrat für Programme zur Demokratiebildung bereit: Das Programm Safe! Streiten und anerkennen: Freiheit erleben vermittelt mit altersgerechten Methoden Demokratie- und Medienbildung an Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen. Dabei sind Identität und Zugehörigkeit, Freiheit und Verantwortung sowie Teilhabe und Mitbestimmung die zentralen Themen. Der Aufsichtsrat veranschlagt zur Verlängerung des Projekts 1 Million Euro im Wirtschaftsplan. Weitere Programme zur Demokratiebildung werden ebenfalls verlängert. 1,25 Millionen Euro fließen in das Programm Wir sind dabei! Wertstätten der Demokratie, das im außerschulischen Kontext ansetzt. In ihm setzen sich Jugendliche mit demokratischen Werten auseinander und erleben demokratische Prozesse in ihrer Gruppe. 2 Millionen Euro bewilligt der Aufsichtsrat für die Fortführung des Programms Läuft bei Dir! Werte. Wissen. Weiterkommen. Das Programm zur werteorientieren Demokratiebildung richtet sich an Jugendliche am Übergang zwischen Schule und Beruf. Dabei kommen kreative und handlungsorientierte Lernformen zum Einsatz – beispielsweise ein medienpädagogischer Escape-Room.

Stiftung fördert Antisemitismusforschung

Die Baden-Württemberg Stiftung unterstützt die wissenschaftliche Erschließung der Werke und autobiografischen Zeugnisse des Friedensnobelpreisträgers und Holocaust-Überlebenden Elie Wiesel. Dafür wird die Forschungsstelle Elie Wiesel der Universität Tübingen mit 400.000 Euro gefördert. „Die Forschungsergebnisse sollen für die historisch-politische Bildungsarbeit, besonders die Antisemitismusprävention und den deutsch-jüdischen Dialog nutzbar gemacht werden“, sagt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. „Wie wichtig das ist, haben die vergangenen Wochen eindrücklich gezeigt. Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich in Deutschland nicht mehr sicher. Wir müssen gegen Antisemitismus in all seinen Formen entschlossen vorgehen.“ Ein Ziel des Projekts Erforschung der autobiografischen Schriften des Auschwitz-Überlebenden Elie Wiesel ist es, ein Studienprofil sowohl für Lehramtsstudenten als auch für die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften zu etablieren. Sie sollen qualifiziert werden, Antisemitismus in ihrem Umfeld zu erkennen und ihm entgegenzuwirken.

Der Grundstein moderner Demokratien sind Wahlen, von denen es 2024 gleich mehrere in Baden-Württemberg geben wird: auf Kommunal- und Europaebene. Erstmals dürfen dabei auch Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren teilnehmen. An sie wendet sich das neu beschlossene Programm Europa- und Kommunalwahlen 2024. In ihm wird vor allem den Erstwählerinnen und Erstwählern bewusst gemacht, was es bedeutet, ein Mitspracherecht zu haben und wie sie sowohl auf kommunaler als auch auf europäischer Ebene mitbestimmen können. Der Aufsichtsrat stellt dafür 150.000 Euro zur Verfügung.

Für mehr Dialog, Bildungsgerechtigkeit und Exzellenz

Die aktuellen internationalen Konflikte machen deutlich, wie wichtig das Engagement für Dialog und Demokratie ist. Austauschprogramme wie das Baden-Württemberg STIPENDIUM verbinden Menschen über nationale Grenzen hinweg und schaffen Verständnis für andere Kulturen. Zur Fortführung des Programms stehen 7 Millionen Euro bereit. Die Ukraine-Soforthilfe ist als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine Teil des Baden-Württemberg STIPENDIUMS. 2023 ging der Bedarf für diese Sondermittel zurück. Sie werden daher 2024 in einen Resilienz-Fonds überführt, der nicht auf Studierende aus der Ukraine beschränkt ist.

Seit 20 Jahren unterstützt das Stipendienprogramm Talent im Land begabte Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft Hürden auf ihrem Weg zum Abitur oder zur Fachhochschulreife überwinden müssen. Das Stipendium fördert sowohl individuelle Begabungen als auch die Integration junger Menschen. Der Anteil von Stipendiatinnen und Stipendiaten mit Fluchtgeschichte liegt bei rund 50 Prozent. Mehr als 800 Alumni stehen für den Erfolg des Programms, das 2024 von der Baden-Württemberg Stiftung und der Josef Wund Stiftung mit insgesamt 1 Million Euro ausgestattet wird.

Forschung am Schnittpunkt von Ingenieurs- und Lebenswissenschaften

Life Science Engineering geht medizinische Herausforderungen interdisziplinär an. Das Forschungsfeld ist eine Verbindung von Ingenieurswissenschaften und Lebenswissenschaften (Biologie und Chemie). Bereiche, in denen Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Baden-Württemberg exzellent aufgestellt sind. Um diese Potenziale zu nutzen, startet das Forschungsprogramm Life Science Engineering mit 4 Millionen Euro. Die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten erstrecken sich von regenerativer Medizin, neuen Therapien, über Medizintechnik hin zu selbstheilenden Materialien.

Der Fachkräftemangel gilt aktuell als größte Herausforderung der Wirtschaft. Seit 2009 begeistert die Baden-Württemberg Stiftung mit ihrem Programm COACHING4FUTURE junge Menschen für den besonders gefragten MINT-Bereich – vor allem mit den beiden Lerntrucks DISCOVER INDUSTRY und expedition d sowie einem interaktiven Internetauftritt samt Karrierenavigator. Zur Fortführung des Programms, das gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband SÜDWESTMETALL und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit getragen wird, sieht der Wirtschaftsplan 2,6 Millionen Euro vor.

Demenz ist eine der großen Bedrohungen unserer alternden Gesellschaft. Gelingt kein Durchbruch in Prävention und Therapie, könnten im Jahr 2050 bis zu 2,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger betroffen sein, so die Angaben des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Ein vom Aufsichtsrat beschlossenes Aktionsprogramm Demenz soll nicht nur die Menschen in Baden-Württemberg über die Krankheit informieren, sondern auch die Betreuung und Pflege erkrankter Personen weiterentwickeln. Der Aufsichtsrat beschließt für das Aktionsprogramm Demenz ein Volumen von 1 Million Euro.

Für eine lebendige Kulturlandschaft

Mit dem Projekt MOVES FOR FUTURE besucht das Tanzensemble Gauthier Dance des Theaterhauses Stuttgart Schulen in Baden-Württemberg, um junge Menschen für zeitgenössischen Tanz zu begeistern. Auch auf die jüngere Zielgruppe zugeschnittene Produktionen sollen dafür auf die Bühne gebracht werden. Die Baden-Württemberg Stiftung unterstützt das Projekt über eine Laufzeit von fünf Jahren mit 1,5 Millionen Euro.

Für die Neuausrichtung des Musikfests der Internationalen Bachakademie Stuttgart stellt die Baden-Württemberg Stiftung für die Jahre 2025 und 2026 jeweils 330.000 Euro zur Verfügung.

Finanzierung der Projekte langfristig sichergestellt

Die Baden-Württemberg Stiftung verwaltet ein Vermögen von 2,3 Milliarden Euro und zählt damit zu den größten Stiftungen in Deutschland. „Es ist wichtig, die erfolgreiche Anlagestrategie auch in einem schwierigen finanzwirtschaftlichen Umfeld fortzusetzen. Der Kapitalmarkt wurde und wird weiterhin massiv durch die geopolitische Lage beeinflusst. Auch die geänderte Geldpolitik wirkt sich stark auf die Kapitalanlagen der Stiftung aus, von der verbesserten Zinssituation in diesem Jahr werden wir aber mittelfristig profitieren. Durch unsere langfristig ausgerichtete Investitions- und Anlagepolitik gelingt es uns, die Finanzierung auch für die heute beschlossenen Projekte sicherzustellen. Die Volatilität und Unsicherheit an den Märkten bleibt jedoch eine große Herausforderung“, erläutert die für den Vermögensbereich zuständige Geschäftsführerin Annekatrin Schmidt-Liedl.

Evaluation der Baden-Württemberg Stiftung

Der Aufsichtsrat der Baden-Württemberg Stiftung hat in der Frühjahrssitzung beschlossen, die Stiftung anknüpfend an die in der Stiftungslandschaft üblichen Evaluationsprozesse zur weiteren Qualitätssicherung zu evaluieren. Der Evaluationsprozess zur Arbeit der Stiftung wird aktuell durchgeführt. Ziel ist sowohl eine Rückschau auf das Erreichte in den letzten zehn Jahren als auch die Ableitung von Empfehlungen zur strategischen und institutionellen Weiterentwicklung. Als zentrales Gremium der Evaluation wurde eine Kommission von Persönlichkeiten mit ausgewiesener Expertise in den Themenfeldern der Stiftung (Bildung, Forschung, Gesellschaft und Kultur) berufen (siehe Anlage). Zusätzlich bringen die Kommissionsmitglieder neue Perspektiven zu potenziellen Zukunftsthemen der Stiftung ein und haben langjährige Erfahrung zu Querschnittsthemen wie dem Stiftungsmanagement oder der Stiftungskommunikation. Zentrales Element der Evaluation wird eine Begehung der Baden-Württemberg Stiftung mit Gesprächen mit Stiftungsvertretern sowie externen Stakeholdern im Frühjahr 2024 sein. Das Forschungs- und Beratungsinstitut Technopolis Deutschland GmbH begleitet den Prozess konzeptionell und organisatorisch. Technopolis erhebt verschiedene quantitative und qualitative Daten als empirische Basis der Arbeiten der Kommission.

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Über die Baden-Württemberg Stiftung

Die Baden-Württemberg Stiftung wurde im Jahr 2000 gegründet und ist eine der großen operativen Stiftungen in Deutschland. Als unabhängige und überparteiliche Stiftung des Landes ist sie in besonderem Maße den Menschen in Baden-Württemberg verpflichtet. Mit einem klaren Auftrag und mit einer klaren Haltung gestaltet sie den Wandel – in Gesellschaft und Kultur, in der Bildung sowie in der Spitzenforschung. Für eine gemeinsame Zukunft, die nicht auf das Ich, sondern auf das Wir baut. Die Baden-Württemberg Stiftung engagiert sich für eine lebendige Bürgergesellschaft und fördert soziale und kulturelle Teilhabe. Mit Ideen und mit Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Kultur setzt sie sich für ein nachhaltig lebenswertes Baden-Württemberg ein. Ihr Motto: Wir stiften Zukunft. www.bwstiftung.de

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Dr. Philipp Jeandrée

Referent Kommunikation
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